Test: Fiido X

Falt-Fahrräder mit Elektrounterstützung gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Das Fiido X aus China will sich mit einem speziellen Design und zum Teil eigenwilligen Details von der Masse abheben.
SP-X/Köln. Erste Besonderheit des per Crowdfunding realisierten Zweirads: Es ist in keiner der üblichen Lackierungen zu haben, sondern ausschließlich in einem speziellen Blau-Grün, das gut zum sauberen und aufgeräumten Gesamteinduck des knapp 20 Kilo schweren Bikes passt. Der Rahmen wiegt laut Fiido gerade mal drei Kilo, er besteht aus einer Magnesium-Legierung, die besonders verwindungssteif sein soll. Das dürfte stimmen, denn auch beim Überrollen von Kanaldeckeln oder Frostaufbrüchen wirkt die Fuhre sehr stabil. Und das trotz des mittig platzierten Scharniers, mit dessen Hilfe sich das X nach dem Umklappen des Lenkers in rund 20 Sekunden in ein nicht wirklich kleines, aber durchaus kofferraumgeeignetes Paket (79 x 35 x 80 Zentimeter) verwandeln lässt. Praktisch: Die Achsen der 20-Zoll-Räder werden dabei von Magneten zusammengehalten. Das erleichtert das Handling.

Den Akku haben die Konstrukteure in die weit verstellbare Sattelstütze integriert, er ist deshalb herausnehmbar. Weiterer Vorteil: Der Stromtank konnte relativ kräftig dimensioniert werden – und speichert für ein Faltbike überdurchschnittliche 418 Wattstunden (Wh). Eine Vollladung dauert wiederum überdurchschnittliche sechs bis sieben Stunden. Fiido verspricht eine Reichweite von 130 Kilometern im Pedal-Assist-Modus. Das ist allerdings nur unter Idealbedingungen und mit größter Zurückhaltung beim Motor-Einsatz zu schaffen. In der Realität sind 60 bis 70 Kilometer locker drin, wenn es nicht dauernd bergauf geht. Das sollte reichen.

Schließlich ist das Fiido X ja definitiv nicht als Langstrecken-Flitzer gedacht, sondern erkennbar für eher kurze Etappen vornehmlich im urbanen Bereich. Eine gewisse Robustheit sollten die Nutzer mitbringen, denn eine Federung gibt es weder vorne noch hinten und der Sattel ist eher von der härteren Sorte. Angeblich passen auf das Klapp-E-Bike Menschen zwischen 1,55 und 2 Metern Körpergröße, der Tester mit Durchschnitts-Statur kam jedenfalls gut mit der Geometrie von Lenker, Sattel und Pedalen zurecht – auch mal über 30 und mehr Kilometer am Stück.

Wie in diesem Produktbereich üblich, verfügt auch das Fiido X über einen bürstenlosen Getriebemotor im Hinterrad. Dessen Steuerung per Drehmomentsensor zeigt schon auf den ersten Metern ihren größten Vorteil gegenüber „gefühllosen“ Tretsensoren: Die Reaktion auf die Pedalarbeit des Menschen im Sattel erfolgt sauber und geschmeidig dosiert, abruptes und gerade für Anfänger sogar gefährliches Anschieben wie bei den billigeren Lösungen ist kein Thema. Wie viele Newtonmeter Drehmoment der Fiido-Sensor verwalten muss, gibt der Hersteller nicht preis. Schätzungsweise dürften es um die 40 Nm sein, die in drei Unterstützungsstufen abgerufen werden können. Das Klapprad schiebt jedenfalls bei Bedarf ordentlich an und ebnet auch etwas kräftigere Steigungen weitgehend ein, ohne sich allerdings als Kletter-Künstler hervorzutun. Die Leistung des Tretenden lässt sich über die zigtausendfach bewährte Shimano Tourney-Siebengangschaltung modulieren.

So weit, so normal. Bis elektrisch unterstützt losgestrampelt werden kann, ist allerdings etwas Geduld und Feingefühl gefragt. Denn Fiido hat seinem X eine eher komplizierte Start- und Sicherheits-Prozedur spendiert. So ist der Akku nur nach der Eingabe eines sechsstelligen Nummerncodes in ein eher kleines Tastenfeld unter dem Rücklicht einsatzbereit. Das ist sicher sinnvoll, um dessen unerwünschtes Verschwinden zu verhindern. Doch auch vor dem Losfahren ist das lästige, unbequem gebückt ausgeführte Entsperren nötig, um die Motorunterstützung zu aktivieren. Praktisch jedes Mal, denn ein paar Minuten nach dem Abstellen schaltet die „Wegfahrsperre“ automatisch wieder scharf. Das nervt im Alltag ungemein und lässt immer wieder die Sinnfrage aufkommen. Hätte es ein stabiles Schloss nicht auch getan? Schließlich gibt es doch viele „geschützte“ Situationen, in denen das geparkte Rad definitiv nicht diebstahlgefährdet ist.

Diese Eigenart trübt den ansonsten durchaus positiven Gesamteindruck, den das Fiido X auf gut 200 Testkilometern hinterließ. Die hydraulischen Scheibenbremsen funktionieren wie gewünscht, die fest installierte Beleuchtung erledigt ihre Aufgabe ordentlich. Gewöhnungsbedürftig ist allerdings das Mini-Display links am Lenker, das Akkufüllung und Tempo (allerdings nur bis 25 km/h) anzeigt. Dessen zwei links angebrachte Tasten sind nämlich nicht so belegt, wie man das von Mitbewerber-Modellen kennt. Die obere ist nur fürs Licht und für die Umstellung auf Meilen pro Stunde zuständig. Und die untere für die Wahl der Unterstützungsstufe. Man kann also nur rauf- und nicht runterschalten. Wer von Stufe drei auf Stufe zwei wechseln möchte, muss sich zuvor also zwangsläufig durch null und eins tippen. Auch das geht einfacher.

Und was muss man für das ungewöhnliche Design-Faltgerät ausgeben? Fiido verlangt aktuell 1.800 Euro für das Zweirad mit X, dank diverser im Internet kursierender Promotions-Codes lassen sich nochmal bis zu 200 Euro sparen. Schutzbleche, ein Seitenständer und Klapppedale gehören zum Lieferumfang.

von:https://www.welt.de/motor/news/article245111690/Klapp-E-Bike-mit-Nummerncode-Test-Fiido-X.html




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